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Antisemitische Vorfälle im Saarland

Allgemeine Entwicklung antisemitischer Straftaten 2015 – 2022 in Deutschland und im Saarland

Vorauszuschicken ist, dass die antisemitischen Straftaten zu dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität gezählt und als Hasskriminalität gewertet werden. Es gibt verschiedene (öffentliche) Stellen, die dazu Statistiken erstellen, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktionen nicht ohne Weiteres vergleichbar sind. Die Zahlen für den Bund werden vom Bundeskriminalamt und vom Bundesamt für Verfassungsschutz ermittelt, die Zahlen der Länder von den Staatsanwaltschaften, der Polizei und den Verfassungsschutzämtern. Die Zahlen weichen aufgrund unterschiedlicher Erfassungskriterien (wenn auch nicht in größerem Umfang) voneinander ab. 

Hinsichtlich der Bundeszahlen (BKA) ist in den letzten Jahren ein stetiger Anstieg festzustellen.

Bei Betrachtung der von der Polizei für das Saarland ermittelten Zahlen ist festzustellen, dass entgegen dem Bundestrend keine stetige Steigerung der Zahlen vorliegt, jedoch seit 2018 die Gesamtzahl deutlich über denen der früheren Jahre (2015-2017) liegt. Auffällig ist die hohe Zahl der erfassten antisemitischen Straftaten im Jahr 2018. Dies ist auf eine private, zielgerichtete Internetrecherche eines Beamten der Bundespolizei zurückzuführen.

Die Statistik der saarländischen Staatsanwaltschaft zeigt, dass es ab 2018 gegenüber den Vorjahren eine erhebliche Steigerung der antisemitischen Vorfälle gab.

 

Dunkelfeld und Erfassung antisemitischer Vorfälle durch zivilgesellschaftliche Initiativen und Nichtregierungsorganisationen

In den Statistiken werden nur die polizeilich bekanntgewordenen Taten aufgenommen, während zugleich von einem hohen Dunkelfeld auszugehen ist. Die antisemitischen Straftaten, die beispielsweise im Internet an der Tagesordnung sind, gelangen meist nicht bis zur Anzeige bei der Polizei, bleiben also im Dunkeln. Zu hoffen bleibt hier, dass Betroffene und aufmerksame Bürger strafrechtsrelevante Vorfälle der Polizei melden, um strafrechtlich ermitteln zu können.

Die Erfassung antisemitischer Vorfälle durch zivilgesellschaftliche Initiativen und Nichtregierungsorganisationen ist eine wertvolle Ergänzung der Statistiken öffentlicher Stellen. Zivilgesellschaftliche Institutionenvornehmlich die Amadeu Antonio Stiftung und der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V. (RIAS)registrieren nicht nur strafrechtlich relevante (und unter Umständen gar nicht zur Strafanzeige gekommene) Vorfälle, sondern auch solche ohne strafrechtliche Relevanz.

Im Jahr 2018 wurde in Berlin der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V. (Bundesverband RIAS) gegründet. Er verfolgt das Ziel, mit Hilfe eines Meldeportals bundesweit eine einheitliche Erfassung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle zu gewährleisten

Bundeszahlen von RIAS im Jahr 2019

1.453 (davon 3 Fälle extremer Gewalt, 58 Fälle von Angriffen, 98 Fälle der gezielten Sachbeschädigung, 109 Fälle der Bedrohung, 1.033 Fälle des verletzenden Verhaltenshierunter 68 Versammlungen – , 152 Fälle antisemitischer Massenzuschriften)

Bundeszahlen von RIAS im Jahr 2020

1.957 (davon 1 Fall extremer Gewalt, 39 Fälle von Angriffen, 170 Fälle der gezielten Sachbeschädigung, 104 Fälle der Bedrohung, 1.483 Fälle des verletzenden Verhaltenshierunter 340 Versammlungen – , 160 Fälle antisemitischer Massenzuschriften)

Bundeszahlen von RIAS im Jahr 2021

2.773 (davon 6 Fall extremer Gewalt, 64 Fälle von Angriffen, 205 Fälle der gezielten Sachbeschädigung, 107 Fälle der Bedrohung, 2.204 Fälle des verletzenden Verhaltens, – hierunter 449 Versammlungen –187 Fälle antisemitischer Massenzuschriften)

Bundeszahlen von RIAS im Jahr 2022

2.480 (davon 9 Fall extremer Gewalt, 56 Fälle von Angriffen, 186 Fälle der gezielten Sachbeschädigung, 72 Fälle der Bedrohung, 1.912 Fälle des verletzenden Verhaltens, – hierunter 426 Versammlungen – 245 Fälle antisemitischer Massenzuschriften)

 

RIAS im Saarland

Der Beauftragte hat nach Übernahme der Aufgaben angeregt, ein solches Meldeportal auch im Saarland zu installieren und vorgeschlagen, eine saarländische zivilgesellschaftliche Organisation zu bitten, unter dem Schirm von RIAS e.V. ein eigenes Meldeportal zu errichten. Als Träger hat sich das Adolf-Bender-Zentrum e.V., das über einschlägige Erfahrungen im Bereich Rechtsextremismus verfügt, angeboten und bereiterklärt. Inzwischen liegen erste Erkenntnisse vor.

Raum Saarbrücken

Restliches Saarland

Außerhalb des Saarlandes mit Bezug auf das Saarland

Die Errichtung eines saarländischen Meldeportals ist ein wichtiger Beitrag zum Monitoring antisemitischer, auch niederschwelliger Verletzungen. Verbunden mit dem Angebot einer Beratung über weitere Hilfen nimmt es eine zentrale Funktion in der saarländischen Strategie zur Bekämpfung gruppenbezogenen Menschenhasses ein.

Weitere Informationen zu RIAS im Saarland finden Sie hier.

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Saarland hat schon in der Aufbauphase von Januar 2021 bis Dezember 2021 30 antisemitische Vorfälle (zum Teil aufgrund eigener Ermittlungen, zum Teil aufgrund von Anzeigen) dokumentiert. Neben Hakenkreuz-Schmierereien und Beschädigungen von Gedenktafeln und Gedenkstätten sowie dem Zeigen des Hitlergrußes handelt es sich um verbale, überwiegend in sozialen Netzwerken verbreitete Veröffentlichungen (Postings) mit antisemitischen Konnotationen.

Weitere Informationen zum Thema Antisemitismus im Saarland und bundesweit erhalten Sie im Arbeitsbericht des Beauftragten vom März 2022, Kapitel 5.

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