Dunkelfeld und Erfassung antisemitischer Vorfälle durch zivilgesellschaftliche Initiativen und Nichtregierungsorganisationen
In den Statistiken werden nur die polizeilich bekanntgewordenen Taten aufgenommen, während zugleich von einem hohen Dunkelfeld auszugehen ist. Die antisemitischen Straftaten, die beispielsweise im Internet an der Tagesordnung sind, gelangen meist nicht bis zur Anzeige bei der Polizei, bleiben also im Dunkeln. Zu hoffen bleibt hier, dass Betroffene und aufmerksame Bürger strafrechtsrelevante Vorfälle der Polizei melden, um strafrechtlich ermitteln zu können.
Die Erfassung antisemitischer Vorfälle durch zivilgesellschaftliche Initiativen und Nichtregierungsorganisationen ist eine wertvolle Ergänzung der Statistiken öffentlicher Stellen. Zivilgesellschaftliche Institutionen – vornehmlich die Amadeu Antonio Stiftung und der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V. (RIAS) – registrieren nicht nur strafrechtlich relevante (und unter Umständen gar nicht zur Strafanzeige gekommene) Vorfälle, sondern auch solche ohne strafrechtliche Relevanz.
Im Jahr 2018 wurde in Berlin der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V. (Bundesverband RIAS) gegründet. Er verfolgt das Ziel, mit Hilfe eines Meldeportals bundesweit eine einheitliche Erfassung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle zu gewährleisten.
Bundeszahlen von RIAS im Jahr 2019
1.453 (davon 3 Fälle extremer Gewalt, 58 Fälle von Angriffen, 98 Fälle der gezielten Sachbeschädigung, 109 Fälle der Bedrohung, 1.033 Fälle des verletzenden Verhaltens – hierunter 68 Versammlungen – , 152 Fälle antisemitischer Massenzuschriften)
Bundeszahlen von RIAS im Jahr 2020
1.957 (davon 1 Fall extremer Gewalt, 39 Fälle von Angriffen, 170 Fälle der gezielten Sachbeschädigung, 104 Fälle der Bedrohung, 1.483 Fälle des verletzenden Verhaltens – hierunter 340 Versammlungen – , 160 Fälle antisemitischer Massenzuschriften)
Bundeszahlen von RIAS im Jahr 2021
2.773 (davon 6 Fall extremer Gewalt, 64 Fälle von Angriffen, 205 Fälle der gezielten Sachbeschädigung, 107 Fälle der Bedrohung, 2.204 Fälle des verletzenden Verhaltens, – hierunter 449 Versammlungen –187 Fälle antisemitischer Massenzuschriften)
Bundeszahlen von RIAS im Jahr 2022
2.480 (davon 9 Fall extremer Gewalt, 56 Fälle von Angriffen, 186 Fälle der gezielten Sachbeschädigung, 72 Fälle der Bedrohung, 1.912 Fälle des verletzenden Verhaltens, – hierunter 426 Versammlungen – 245 Fälle antisemitischer Massenzuschriften)
Bundeszahlen von RIAS im Jahr 2023
4.782, 2.787 also 58 Prozent der Vorfälle ereigneten sich nach dem 7.10.2023 (davon 7 Fall extremer Gewalt, 121 Fälle von Angriffen, 329 Fälle der gezielten Sachbeschädigung, 183 Fälle der Bedrohung, 4.060 Fälle des verletzenden Verhaltens, – hierunter 833 Versammlungen – 82 Fälle antisemitischer Massenzuschriften)
RIAS im Saarland
Der Beauftragte hat nach Übernahme der Aufgaben angeregt, ein solches Meldeportal auch im Saarland zu installieren und vorgeschlagen, eine saarländische zivilgesellschaftliche Organisation zu bitten, unter dem Schirm von RIAS e.V. ein eigenes Meldeportal zu errichten. Als Träger hat sich das Adolf-Bender-Zentrum e.V., das über einschlägige Erfahrungen im Bereich Rechtsextremismus verfügt, angeboten und bereiterklärt. Inzwischen liegen erste Erkenntnisse vor.
Raum Saarbrücken
Restliches Saarland
Außerhalb des Saarlandes mit Bezug auf das Saarland
Die Errichtung eines saarländischen Meldeportals ist ein wichtiger Beitrag zum Monitoring antisemitischer, auch niederschwelliger Verletzungen. Verbunden mit dem Angebot einer Beratung über weitere Hilfen nimmt es eine zentrale Funktion in der saarländischen Strategie zur Bekämpfung gruppenbezogenen Menschenhasses ein.
Weitere Informationen zu RIAS im Saarland finden Sie hier.
Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Saarland hat schon in der Aufbauphase von Januar 2021 bis Dezember 2021 30 antisemitische Vorfälle (zum Teil aufgrund eigener Ermittlungen, zum Teil aufgrund von Anzeigen) dokumentiert. Neben Hakenkreuz-Schmierereien und Beschädigungen von Gedenktafeln und Gedenkstätten sowie dem Zeigen des Hitlergrußes handelt es sich um verbale, überwiegend in sozialen Netzwerken verbreitete Veröffentlichungen (Postings) mit antisemitischen Konnotationen.
Weitere Informationen zum Thema Antisemitismus im Saarland und bundesweit erhalten Sie im Arbeitsbericht des Beauftragten vom März 2022, Kapitel 5.